Mittwoch, 11. Januar 2012

Kulturelle Vielfalt und Multi-Kulti

„Multi-Kulti“ ist eine Verbalhornung, eine Wortentstellung aus Unkenntnis mit der Absicht, kulturelle Vielfalt herabzuwürdigen. Deshalb lohnt es nicht näher darauf einzugehen. Aber es lohnt sich allemal, über den umfassenden, vielseitigen Begriff KULTUR nachzudenken, um seine ganze Vielfalt zu erfassen, denn mit begrifflicher Klarheit beginnt bekanntlich alle Wissenschaft.
Der Begriff Kultur ist abgeleitet von „Pflege des Bodens“ und bedeutet im übertragenen Sinne „Pflege des Menschengeschlechts“. So wie Pflanzen eines Gartens umso prächtiger gedeihen, je günstiger deren Wachstumsbedingungen sind, desto besser gedeiht auch der Mensch bei möglichst günstigen familiären und gesellschaftlichen Bedingungen, um JEDEM zu ermöglichen, „die Hütte seines Glücks auf unserer schönen Erde zu erbauen, (Heinrich Heine) und seine guten Anlagen zu seinem und gesellschaftlichem Nutzen für alle ausbilden zu können. Deshalb sind humanistische Erziehung und Bildung, fachliche Ausbildung, Erwerb wissenschaftlicher Kenntnisse wichtige Elemente der Kultur. Aber wichtigste Basis menschlicher Kultur ist die materielle Sicherheit, denn erst einmal muss jeder sich gesund ernähren, gesund wohnen, sich seinen materiellen Unterhalt verdienen, aber auch durch gesellschaftlich nützliche Arbeit gleichzeitig der Allgemeinheit dienen können. Neben dieser „materiellen Kultur“, die man Zivilisation nennt, gibt es auch eine geistig-humanistische Kultur, zu der neben Erziehung und Bildung auch die Ertüchtigung durch Sport, Kunst und Literatur gehören, denn wir werden nicht als Humanist geboren, sondern müssen erst liebevoll dazu gebildet werden, um menschlichen FORTSCHRITT zu ermöglichen, den Johann Gottfried Herder treffend als MEHR HUMAITÄT definierte. Der Humanismus, unser großer „Lebenskompass“, hat in den „Allgemeinen Menschenrechten der UNO von 1948“ seine konkrete Ausprägung gefunden. Diese sind noch in keinem Land der Erde voll verwirklicht, müssen aber durch die moralische Pflicht aller ergänzt werden, denn Rechte und Pflichten bilden eine dialektische Einheit. Vor allem wir Rentner stehen diesbezüglich in der Pflicht, weil wir durch unsere guten und bösen Erfahrungen, aber auch mehr Zeit zum Nachdenken und gesellschaftlichem Handeln haben.
Ein jedes Land sollte bezüglich der Menschenrechte vor der eigenen Tür kehren, auch Deutschland, in dem z.B. das Recht auf fair entlohnte Arbeit für alle bei weitem nicht verwirklicht ist, was unter kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen allerdings auch objektiv unmöglich ist. Der Kapitalismus braucht „Braindrain“(kostenlose Abwerbung wertvollsten „Humankapitals“ aus unterentwickelten Ländern) für Lohndrückerei, geringere Ausbildungskosten und als Sündenböcke, (Ausländer!), um den Hass der Arbeitlosen von deren wirklichen Verursachern abzulenken. Gleichzeitig wird durch Abwerbung die ökonomische Abhängigkeit der „Auswanderungsländer“ erhöht, was auch günstig für den eigenen Export ist.
„Die Politik ist unser Schicksal“, stellte Goethe nach einem erlebnisreichen Leben fest. Kultur und Politik bilden eine dialektische Einheit: Deshalb gibt es für uns keine größere Eselei, als die Politik dem heimlichen Diktat des Finanzkapitals zu überlassen und die kapitalistische Pseudo-Spaß-Kultur weiter zu dulden, die von den kulturellen Hauptproblemen ablenken soll. Außerdem muss bedacht werden, dass humanistische Kultur Gewaltlosigkeit und friedliche Gelassenheit voraussetzt, denn: „Manches Herrliche der Welt ist in Krieg und Streit zerronnen. Wer beschütze und erhält, hat das schönste Los gewonnen“, (Goethe). Sorgen wir dafür dass die Weihnachtsbotschaft „Friede auf Erden und allen Menschen ein Wohlgefallen“ endlich verwirklicht wird. Das sie trotz 2000 Jahren Christentum immer noch nur ein frommer Weihnachtswunsch geblieben ist, was die Frage aufwirft, ob die Religionen fähig sind, wahre humanistische Kultur zu gewährleisten, (siehe Bertrand Russell „Kann die Religion uns retten?) Auch über AUFKLÄRUNG und HUMANISMUS muss größere Klarheit geschaffen werden, (siehe „Bürgerlicher und VOLKSHUMANISMUS“)
Günter Rahm, Quedlinburg, 30.12.11

1 Kommentar:

  1. Multi-Kulti, ob diese Bezeichnung unbedingt eine Verballhornung ist, möge sein, würde ich aber nicht sagen, das er als eine solche genutzt wird, ist etwas anderes und nicht unüblich. Von welchen Kreisen dieses und zu welchem Zweck gilt es dabei zu benennen. Multi-Kulti, oder besser Multikulturalismus, steht dem Gedanken einer dominanten Nationalkultur entgegen und wird daher gerade von Vertretern einer solchen bekämpft.
    Übrigens ist dieser Begriff mit seinem Schicksal nicht allein, auch der Begriff „Made in Germany“ war ursprünglich alles andere, aber nicht positiv belegt, ähnlich der Begriff der „Linken“, welcher der Sitzordnung im Reistag des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts geschuldet war und der Tatsache, das die dort sitzenden dadurch abgewertet werden sollten, in dem sie nicht direkt mit Namen oder der sie angehörenden Partei angesprochen wurden, sondern mit ihrer Platzierung.
    Den Begriff Multi-Kulti selbst würde ich von einer anderen Seite aus in Frage stellen, da Kultur mittels des Begriffes geschieden wird und nicht als Einheit betrachtet.
    Zur Kultur einer Gesellschaft gehören die Gesamtheit der objektiven und subjektiven Ergebnisse menschlicher Tätigkeit, in denen sich die Entwicklung der Menschen ausdrückt; das jeweils historisch-konkrete Ensemble der Lebensbedingungen der Individuen, das die tatsächlich genutzten Ergebnisse menschlicher Tätigkeit und deren Weiterentwicklung umfasst; die Art und Weise, wie und mit welchen Ergebnissen die Individuen an der Produktion, der Verteilung, dem Austausch und der Nutzung des gesellschaftlichen Reichtums teilnehmen; die sich in der praktischen und geistigen Lebenstätigkeit herausbildenden sozial determinierten Bedürfnisse, Fähigkeiten, Genüsse und Produktivkräfte der Individuen; die Formen des sozialen Verkehrs und der geistigen Kommunikation in der Gesellschaft (einschließlich der dafür ausgebildeten Instrumentarien, Techniken und Zeichen); die die sozialen Beziehungen und das persönliche Verhalten der Individuen regelnden Erfahrungen, Gewohnheiten, Normen, Rechtsvorschriften, Traditionen und Wertorientierungen; die Bräuche, Kulte und Riten in der jeweiligen Lebensweise, die Formen der Geselligkeit, des Spiels und der Unterhaltung; die ideologischen Interpretationen und Reflexionen des Verhältnisses der Menschen zur Natur und seiner gesellschaftlichen Stellung und Perspektive in Kunst und Weltanschauung und deren Einwirkungen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und individuellen Verhaltensweisen; die Organisationen und Institutionen des Überbaus, die von historischen Gesellschaften, ethnischen bzw. lokalen Gemeinschaften, sozialen Klassen und Schichten geschaffen werden, um kulturelle Ziele zu verwirklichen (Bildungs- und Erziehungseinrichtungen, Kommunikationsmittel, Kultstätten, künstlerische Einrichtungen, religiöse Institutionen, wissenschaftliche Lehr- und Forschungsstätten, Organisationsformen von Geselligkeit, Unterhaltung, Erholung und Vergnügen).

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